Höhlen haben oftmals Eingänge, die interessant gestaltet sind oder einen tollen Ausblick auf die Landschaft davor bieten. Da juckt es den fotografierenden Höfo im Finger, diese Szene im Bild festzuhalten. Doch leider überfordert der Dynamikumfang zwischen den im Dunkel des Höhleninnern und den in der Sonne beschienenen Landschaft draußen liegenden Motivteile jeden Fotoapparat und jedes Ausgabegerät. Der Kontrast ist viel zu hoch. Wie löst man dieses Problem?
Die eine Möglichkeit ist, den Dynamikumfang zu reduzieren, in dem man die dunklen Teile des Bildes mit Blitzgeräten, Reflektoren oder Scheinwerfern beleuchtet und sie heller macht. Wer noch auf Film fotografiert, hat kaum eine andere Möglichkeit als diese.
Der andere Ansatz ist, den exakt gleichen Bildausschnitt mit den exakt identischen Kameraeinstellungen mehrmals zu fotografieren und nur die Belichtungszeit der einzelnen Aufnahmen zu variieren. Man erhält eine Belichtungsreihe, bei der auf jedem Bild ein bestimmter Teil der Szenerie korrekt belichtet ist, während andere Teile zu hell oder zu dunkel sind. Diese Serienbilder werden am Computer zu einem einzelnen Bild verrechnet, bei dem nichts zu dunkel oder zu hell ist. Dafür gibt es verschiedene Techniken.
Am heutigen Sonntag exerziere ich das in der Falkenhöhle praktisch durch, aus der auch die Bilder dieses Postings stammen. Ich habe meine Nikon D750, das Nikkor 3,5-4,5/18-35mm und ein solides Stativ dabei. Stativ? Na klar, denn der Bildausschnitt der einzelnen Fotos innerhalb der Belichtungsreihe muss akribisch genau übereinstimmen, andernfalls verliert man drastisch Bildqualität. Das Stativ muss so stabil sein, dass sich die Kamera nicht verschiebt, wenn man die Verschlusszeit ändert und auslöst. Das Stativ darf allenfalls dann etwas weniger stabil sein, wenn man zusätzlich über eine Fernbedienung verfügt, mit der man nicht nur die Kamera auslösen, sondern auch die Verschlusszeit berührungsfrei einstellen kann.
Kameraeinstellungen:
- Zeitautomatik mit Blendenvorwahl.
- Spotbelichtungsmessung.
- Auto-ISO AUS.
- Weißabgleich manuell oder Tageslicht auswählen. Automatik AUS.
- Falls möglich Dateiformat Raw statt Jpeg.
- Falls man keine Fernbedienung hat, Selbstauslöser und Spiegelvorauslösung einschalten.
Man sucht nun den gewünschten Standpunkt, gestaltet das Bild und baut das Stativ entsprechend auf. Die Blende ist so zu einzustellen, dass die gewünschten Bildteile innerhalb der Schärfentiefe liegen (ggf. mit Testaufnahmen ausprobieren). Als Beispiel: Blende 11.
Mit der Spotbelichtungsmessung zielt man erst auf die dunkelste Stelle des Bildausschnittes (von der Kamera vorgeschlagene Belichtungszeit merken. Beispiel: 30 Sekunden.) und dann auf die hellste Stelle (vorgeschlagene Belichtungszeit merken. Beispiel: 1/125 Sekunde). Nun stellt man auf manuelle Belichtung mit exakt der für die Belichtungsmessung genutzten Blende und der für die dunkelste Stelle ermittelten Belichtungszeit. In dem hier genutzten Beispiel also Blende 11 und 30 Sekunden.
Jetzt wird die Kamera sauber ausgerichtet, das Stativ arretiert und das Objektiv scharf eingestellt. Nach dem Scharfstellen unbedingt Autofokus AUS! Die Schärfe darf sich zwischen den einzelnen Fotos nicht verschieben.
Nun schießt man das erste Foto mit der längsten Belichtungszeit, das die dunkelsten Teile des Höhleninnern aufnehmen soll. Die Landschaft draußen wird auf diesem Foto viel zu hell und weiß überstrahlt sein.
Nach jeder Aufnahme wird die Verschlusszeit um eine oder zwei Stufen verringert, bis man bei der zuvor ermittelten kürzesten Verschlusszeit für die Landschaft draußen angekommen ist. Im gewählten Beispiel also bei 1/125 Sekunde. Auf diesem letzten Bild der Serie wird die Landschaft draußen korrekte Helligkeit aufweisen und das Höhleninnere pechschwarz sein.
Falls man beim Fotografieren der Belichtungsreihe gegen die Kamera stößt und den Bildausschnitt verändert: Zurück auf Start und die ganze Belichtungsreihe nochmal von vorne.
Man sollte die Bilder nach dem Fertigstellen der Belichtungsreihe gleich auf dem Display der Kamera anschauen und auf Überstrahlungen, Blendenflecke oder Reflexionen im Objektiv untersuchen. Leider überfordert das harte Gegenlicht vom Höhleneingang so manches Objektiv, das mit Lichthöfen oder farbigen Lichtflecken auf den Fotos reagiert. Diese bekommt man nachträglich am Rechner kaum beseitigt. Falls man vor Ort solche Fehler feststellt, ist es besser, den Standpunkt der Kamera zu ändern und es nochmals zu probieren. Durch das Verschieben der Kamera relativ zur Lichtquelle (Höhleneingang) können die Reflexionen manchmal eliminiert werden. Das klappt leider nicht immer. Generell sind billige Zoomobjektive von solchen Problemen eher betroffen als gute Festbrennweiten.
Nun hat man die Aufnahmen im Kasten und darf seine Lenden Zuhause vor dem Computer parken. Die Bilder werden auf den Rechenkasten transferiert. Falls man mit Raw fotografiert hat, kann der Weißabgleich bei Bedarf in einer geeigneten Software angepasst werden. Das muss natürlich für alle Fotos einer Belichtungsreihe gleichmäßig passieren.
Zum Verrechnen der Bilder der Belichtungsreihen gibt es grundsätzlich zwei Verfahren.
Das eine hört auf den Namen „Exposure Blending“ (manchmal auch „DRI“, was aber technisch nicht richtig ist). Dabei schneidet man quasi aus jedem Foto den korrekt belichteten Teil heraus und fügt diese Auszüge zu einem einzigen Bild zusammen, bei dem alles korrekt belichtet ist. Es gibt dazu eine Anleitung im Netz, so dass ich an dieser Stelle auf eine Ausführung verzichte.
Das andere Verfahren nennt sich „High Dynamic Range Image“ (HDRI). Dabei wird aus allen Bildern der Belichtungsreihe eine Zwischendatei erzeugt, die alle Helligkeitsinformationen enthält. Weil aber kein Drucker und kein Bildschirm das darstellen kann, werden mittels schwarzer Magie Mathematik die nicht darstellbaren Farben in darstellbare Farben überführt. Dazu gibt es geeignete Software, mit der man verschiedene Möglichkeiten durchprobieren kann, ohne promovierter Mathematiker sein zu müssen. Beispielsweise Photomatix, HDR Efex oder Luminance HDR.
Das Foto am Beginn dieses Artikels wurde mit Exposure Blending erzeugt. Das hier wurde in Photomatix als HDRi aus derselben Belichtungsreihe berechnet: