Vom befahrungstechnischen Aspekt her mag die Kleine Scheuer auf dem Rosenstein sicher mäßig spannend sein, das Herz eines Geologen dagegen dürfte die Höhle sicher höher schlagen lassen. Aus kaum einer anderen Rosensteinhöhle lassen sich so viele interessante Details zur Erdgeschichte heraus lesen.
Am Sonntag Morgen gegen 9 Uhr kommen Irene, Markus, Rudi und ich auf dem oberen Parkplatz zusammen und steuern nach der Übergabe eines Geburtstagsgeschenks zielstrebig die Kleine Scheuer an. Wir wollen dort ein paar geologische Untersuchungen anstellen und Fotos für einen Vortrag schießen.
Schon auf dem Weg zum Loch fällt dem aufmerksamen Reisenden auf, dass der Burgfelsen von unzähligen, engständigen Klüften regelrecht durchsiebt wurde. Auch die Kleine Scheuer hat sich auf diesen Klüften entwickelt. Aber auch eine sehr deutlich ausgeprägte, mergelige Schicht trug zur Höhlenbildung bei. Wenn man genau hinschaut, fällt auf, dass diese Schicht auf der rechten (östlichen) Seite der Höhle tiefer liegt als auf der linken. Den Höhenunterschied wollen wir messen.
Wir spannen eine Schnur, bringen diese mit einer Wasserwaage und einem Neigungsmesser in die Horizontale und können nun die Höhendifferenz bequem mit dem Meterstab abgreifen. Der Versatz beträgt 28 cm. Die Ostscholle ist durch eine oder mehrere Störungen entsprechend abgesunken.
Im Eingangsbereich, vor der östlichen Wand, fällt der Fels in zwei Stufen ab und bildet quasi zwei Podeste. Das höhere, hintere fluchtet dabei mit der erwähnten Mergelschicht. Gleich daneben ist wieder eine Störung mit den Gefügedaten 30/75-E. Die Ostscholle dieser Störung ist sogar um satte 95 cm abgesunken. Im vordersten Bereich der Höhle bildet die Störungsfläche die östliche Höhlenwand. Man findet auf der Kluftfläche etliche Harnische, die nicht genau vertikal orientiert sind, sondern auch auf eine horizontale Bewegungskomponente hindeuten.
Die Felsfläche vor der Störung wird von unzähligen, mit etwa 30° streichenden, Klüften durchzogen. Einige sind mit Calcit verheilt. Auch einige mit rund 140° streichende Klüfte sind auszumachen. D.h. das Wasser, das die Kleine Scheuer schuf, hat sich seinen Weg auf dem rheinisch-herzynisch angelegten Kluftnetz durch den Fels gebahnt. Die markante Mergelschicht wirkte vermutlich als Wasserstauer bzw. Quellhorizont.
Wenn wir schon beim Wasser sind: Das alte Bachbett ist auch noch schön zu sehen. Genau so die Fließfacetten sowie Wasserstandsmarken.
Die Felskante auf der westlichen Seite des Bachbetts weist mehrere vertikale Hohlformen auf, die wie angeschnittene Zylinder aussehen. Wie diese entstanden sind, kann ich mir gerade nicht erklären.
Irene und ich steigen nun über den Klemmblock in den hinteren, höher gelegenen Höhlenteil. Dort machen wir etliche Fotos, u.a. von dem monströsen, wie ein Bienenkorb geformten Stalagmiten. Die Kleine Scheuer hat fast keinen Tropfsteinschmuck, um so mehr fällt dieser einzelne Oschi auf.
Der Gang, mit einem schönen, elliptischen Profil, endet nach ein paar Metern abrupt an einer Wand.
Auch wir kommen für heute zu einem Ende und verlassen gemeinsam und geordnet den gastlichen Ort.