Die Dachshöhle (Katasternummer 7124/25), eine Höhle im Stadtgebiet von Schwäbisch Gmünd

Zusammenfassung

Im Frühjahr 2014 wurde die im Stadtgebiet von Schwäbisch Gmünd gelegene Dachshöhle untersucht. Die zehn Meter lange Höhle befindet sich geologisch im Stubensandstein. Aufgrund ihrer Lage ist sie ungewöhnlich. Die Entstehung der Höhle konnte nicht vollständig geklärt werden.

Lage und Zugang

Das Untersuchungsgebiet befindet sich in der Stadt Schwäbisch Gmünd im Ostalbkreis, Baden-Württemberg. Es wird von Blatt 7124 Schwäbisch Gmünd-Nord der Topographischen Karte 1:25.000 abgedeckt. Gesteine des unteren Jura (Lias) bauen die umliegenden Höhen auf, während sich die Rems im Stadtgebiet von Schwäbisch Gmünd in die obere Trias (Keuper) eingeschnitten hat. Verschiedene der Rems tributäre Bäche haben die Gesteine des Lias durchschnitten und sich in die Schichten des Keuper eingegraben. Von Nordwesten her hat sich das Tal des Wetzgauer Baches zwischen 70 und 90 Höhenmeter in das Umland eingetieft. Die Höhen östlich des Wetzgauer Baches tragen aufgrund ihrer relativen Steilheit den Namen „Kleine Schweiz“. In diesem Anstieg vom Keupergebiet auf die Liasflächen befindet sich die Dachshöhle (vergleiche Abb. 1).

Abb. 1: Querschnitt von West nach Ost durch das Tal des Wetzgauer Baches im Bereich der Dachshöhle (10-fach überhöht).

Der Zugang erfolgt am besten von der Einmündung der Ziegelbergstraße in die Becherlehenstraße. An dieser Straßeneinmündung führt rechts, am ehemaligen Werksgelände der Fa. Ritz (heute „Manufaktur B26“) vorbei, ein Wanderweg steil aufwärts. Dieser knickt am Rande einer Schlucht nach rechts ab und führt über eine Treppe weiter bergauf. Nach der Treppe stößt man auf eine Haarnadelkurve. Kurz nach dieser Kurve verlässt man den Weg nach rechts und geht am Fuß einer Böschung etwa 30 m durch das Gelände nach Südosten. Dort trifft man auf den flachen Eingang der Dachshöhle. Schon einige Meter vorher kommt man an einem unbefahrbaren Eingang vorbei, der wohl zur selben Höhle gehört.

Die UTM-Koordinaten des Eingangs, die aus rund 1700 GPS-Einzelmessungen gemittelt wurden, lauten Zone 32U, 558861 E, 5406420 N (Kartendatum WGS 1984). In Gauß-Krüger- Koordinaten ausgedrückt entspricht dies den Werten R 35 58 960, H 54 08 144 (Kartendatum Potsdam). Die Dachshöhle liegt auf 365 m über NN. Die Höhe wurde anhand der Koordinaten von der digitalen topographischen Karte abgelesen.

Abb. 2: Eingang der Dachshöhle (7124/25).

Beschreibung

Das Mundloch der Dachshöhle ist ca. 1 m breit und bis zu 0,8 m hoch, wird jedoch durch zwei Versturzblöcke erheblich verengt (Abb. 2). Innen wird die Höhle geräumiger, so dass man bequem aufrecht sitzen kann. Der Raum ist etwa 6 m lang und 9 m breit. In Eingangsnähe bewegt man sich über eine Halde aus Sand und Steinen, die einwärts leicht abfällt. Am tiefstgelegenen Punkt, der mit ca. 1,3 m zugleich die größte Raumhöhe aufweist, geht der Sand in Lehmboden über, der vom Wasser glatt geschwemmt ist. Im Dezember 2013 konnten wir die Spiegelung unseres Lampenlichts im Wasser sehen, am 13. April 2014 wies der Boden dagegen tiefe Trockenrisse auf. An einigen Stellen reckten zu diesem Zeitpunkt hagere Buchenkeimlinge ihre Blätter dem Zwielicht vom Eingang entgegen (Abb. 3).

Nach links wird die Höhle schnell niedrig, macht einen kleinen Knick nach rechts und endet in einem völlig mit Lehm zugeschwemmten „Lehmsiphon“. Dieser dürfte mit dem unbefahrbaren Loch wenige Meter nördlich des Höhleneingangs in Verbindung stehen. Auf der rechten Seite führt ein kurzer Schluf parallel zum Eingangsbereich bergauswärts, ohne das Tageslicht zu erreichen. In diesem Schluf stießen wir auf große Schimmelmassen. Eine der Schimmelansammlungen hatte gut und gerne Kindskopfgröße. Hier ragt auch ein verrostetes Eisenteil aus dem Lehm heraus.

Unter den Versturzblöcken im Eingangsschluf steht ein abgesägter Baumstamm hervor. Das Holz sieht noch nicht alt aus, was ein Fingerzeig ist, dass das Versturzereignis nicht sehr lange zurück liegt. Auch in der Höhle haben sich entlang von Mergelfugen Gesteinsschichten begonnen abzulösen. Daher ist Vorsicht angeraten, der Hohlraum ist instabil! Die Gesamtlänge der Dachshöhle beträgt etwa 10 m bei einer Niveaudifferenz (Höhenunterschied zwischen dem höchsten und tiefsten Punkt am Boden der Höhle) von 1 m.

In dem Waldboden vor der Höhle gibt es mehrere Tierbauten, vermutlich vom Dachs. Daher wurde der Name „Dachshöhle“ für dieses Objekt gewählt.

Die Wände und die Decke der Höhle sind überwiegend stark verwittert. Nur im tagfernsten Bereich, bei dem Schwemmboden, ist die Wand mit unzähligen Löchern und Kerben überzogen, die wie die Spuren eines Haueisens aussehen (vergleiche Abb. 3).

Abb. 3: Tiefster Punkt der Dachshöhle (7124/25) mit glattem Lehmboden, der deutliche Trockenrisse aufweist.

Geologie

Die Dachshöhle liegt in einem grobkörnigen Sandstein, dessen Farbe zwischen hellgelb-weiß und einem violetten Braun variiert. In diesen Sandstein sind dunkelgraue bis fast schwarze tonige Einschlüsse eingelagert. Diese bilden keinen durchgehenden Horizont, sondern sind voneinander isoliert und nehmen unterschiedliche räumliche Orientierungen ein (Abb. 4). Die tonigen Lagen wurden vermutlich während der Sedimentation im Keuper durch Flutereignisse auf- bzw. fortgerissen und in dem sich ablagernden Sand neu eingebettet.

Abb. 4: Wandfläche der Dachshöhle (7124/25) im Stubensandstein mit tonigen Einlagerungen.

Nahe der Einmündung des Wetzgauer Baches in die Rems wird diese etwa 10 m tiefer vom „Einhorntunnel“ der Bundesstraße 29 unterfahren (HAMM 2012, S. 630f). Der Fluss fließt in diesem Abschnitt laut Karte auf etwa 320 m über NN. Die Dachshöhle liegt grob geschätzt 60 m höher als der Tunnel, der die Schichten des Kieselsandsteins bis zu den unteren Horizonten des 1. Stubensandsteins durchquert (HAMM 2012, S. 627f). Unter Berücksichtigung der Schichtmächtigkeitskarten in GEYER & GWINNER (1986, S. 127) für den unteren, mittleren und oberen Stubensandstein, ist von einer Lage der Dachshöhle im mittleren Stubensandstein auszugehen. Auch die Farbe des Gesteins spricht mehr für mittleren als oberen Stubensandstein. Eine explizite geologische Kartierung des Gebietes um die Höhle durch den Verfasser erfolgte jedoch nicht.

Entstehung

Die meisten natürlichen Hohlräume im Stubensandstein in Baden-Württemberg lassen sich nach der Klassifizierung von GEBAUER (1987) in Klingensohlenhöhlen und Klingenrandhöhlen einteilen. Die Klingensohlenhöhlen befinden sich auf der Sohle eines Bachbettes, und zwar in der Regel im Spritzwasserbereich eines kleines Wasserfalls, der über eine mehr oder weniger hohe Felsstufe hinabstürzt. Das Spitzwasser höhlt den Fels an der Stufe im weitesten Sinne halbkugelförmig aus. Die Hohlraumentwicklung schreitet dabei ungefähr rechtwinklig zum fließenden Wasser fort. Die Klingenrandhöhlen dagegen befinden sich am Prallhang eines Baches. Die Hohlraumbildung erfolgt im Wesentlichen parallel zum Fluss des Wassers, das eine breite Uferhohlkehle in den Hang schneidet. Durch fortschreitende Eintiefung des Bachbettes infolge von Erosion kann sich eine inzwischen trocken gefallene Klingenrandhöhle auch einige Meter über dem aktuellen Bachbett befinden.

Die Dachshöhle passt nicht ohne Weiteres in eines der beiden Schemata. Die Raumform entspricht zwar grob der einer Klingensohlenhöhle, aber es gibt weit und breit keinen Wasserfall. In der Höhle ist zwar Wasser anzutreffen, doch ist seine Menge viel zu gering, um eine nennenswerte Erosion anzutreiben oder auch nur das anfallende Verwitterungsmaterial abzutransportieren. Die Böschung, in der sich der Eingang befindet und die angedeutete Verebnung davor, könnte man zwar als alten Talboden des Wetzgauer Baches interpretieren, aber die Ganganlage der Höhle entspricht nicht der einer Klingenrandhöhle.

Ist deshalb von einer künstlichen Anlage des Hohlraumes auszugehen? KREUZ (1978, S. 27) erwähnt die (für ihn unzugänglichen) Bunker im Bauernhölzle 1 und 2. Der Bunker im Bauernhölzle 1 (Katasternummer 7124/11K) konnte von unserer Gruppe in einer Klinge direkt hinter dem Betriebsgelände der ehemaligen Fa. Ritz lokalisiert und erforscht werden. Dieses Objekt hat mit der Dachshöhle ganz sicher nichts zu tun. Der weiter östlich gelegene Bunker im Bauernhölzle 2 (Katasternummer 7124/12K) gilt als verschüttet und sein Eingang konnte bisher nicht ermittelt werden. Im Wald nahe der Dachshöhle existiert jedoch eine horizontale Betonplatte, unter der sich ein Luftschacht oder Notausstieg verbergen könnte. Am tiefsten Punkt der Dachshöhle gibt es Spuren an den Wänden, die auf eine künstliche Bearbeitung hindeuten können. Im Falle einer Anlage durch Menschenhand müsste sich der Hohlraum seither durch Inkasion und eingetragenes Erosionsmaterial stark verändert und verkleinert haben. Eine Antwort auf die Frage nach der Entstehung der Dachshöhle könnte vermutlich gegeben werden, wenn man die Lockersedimente großzügig ausräumt und das tatsächliche Profil des Hohlraums freilegt. Von Seiten unserer Gruppe gibt es jedoch keine diesbezügliche Absicht.

Erforschung

Unser Höhlenkamerad Rudolf Übelhör wurde von einem älteren Bürger aus Schwäbisch Gmünd auf die Dachshöhle aufmerksam gemacht. Im Dezember 2013 wurde der Eingang der Höhle inspiziert. Am 13.04.2014 erkundeten und dokumentierten Markus Dieth, Bernhard Nuding, Irene Sachsenmaier und Roger Schuster die Höhle. Bei dieser Befahrung wurden zahlreiche Fotos aufgenommen und die Vermessung mit Peilgeräten (Bussole Fa. Silva, Neigungsmesser Fa. Brunton) durchgeführt. Die Reinzeichnung des Höhlenplans erledigte Roger Schuster am 16.04.2014 unter Verwendung des Softwarepakets Therion. Der Plan umfasst zwei Blätter, eines mit dem Grundriss und eines mit zwei Schnitten. Die Höhle wurde dem Höhlenkataster Südwestdeutschland gemeldet und dort unter der Katasternummer 7124/25 und dem Namen Dachshöhle registriert.

Dachshöhle Grundriss
Dachshöhle Längsschnitt

Literaturverzeichnis

GEBAUER , D. (1987): Sandsteinhöhlen im Kartenblatt 7124 (Schwäbisch Gmünd-Nord). – Der Abseiler, 7, S. 25–35; Schwäbisch Gmünd.

GEYER , O. F. & G WINNER , M. P. (1986): Geologie von Baden‐Württemberg. – 3. Auflage. 472 Seiten; Stuttgart.

HAMM , R. (2012): B 29 Ortsumfahrung Schwäbisch Gmünd – Komplexer innerstädtischer Tunnelbau. –Mining + Geo, 2012 (4), S. 625–633; Essen.

Artikel im Internet verfügbar unter dem URL (abgerufen am 16.04.2017):
http://www.dggt.de/images/PDF-Dokumente/08%20hamm%20-%20tunnelbauprojekte.pdf

KREUZ , R. (1978): Natürliche und künstliche Hohlräume im Keuper im Bereich von Schwäbisch Gmünd.– Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, 16, S. 7–29; Stuttgart.

Hinweis

Dieser Artikel erschien auch in gedruckter Form:

SCHUSTER, R. (2017): Die Dachshöhle, eine Höhle im Stadtgebiet von Schwäbisch Gmünd, (Katasternummer 7124/25 – Keuper-Lias-Land).– Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland, 53, S. 37–42; Stuttgart.