Die Suche nach der kalten Luft

Stehst du auf dem Rosenstein um Acht

bist du um den Schlaf gebracht

(Prolog)

Um acht Uhr morgens treffe ich mich auf dem Rosenstein mit Bernhard, der seine gute Fluke-Wärmebildkamera mitgebracht hat. Wir wollen einige Stellen am Fuße der Felsen auf der Nordseite untersuchen, ob dort kalte Luft austritt. In der Theorie sollte die dichte, kalte Luft aus dem Höhleninnern an tiefer gelegenen Eingängen ausfließen und dort im Vergleich zu der aktuellen Tageshitze einen gut messbaren Kontrast ergeben. Der Plan ist, diese Idee an einigen bekannten Höhlen auszuprobieren und dann „verdächtige Löcher“ auf Luftströmungen zu untersuchen, die auf ein größeres Höhlensystem hindeuten können.

Strammen Schrittes stoßen wir ins Operationsgebiet vor. Erstes Ziel ist die Inschriftenhöhle. Obwohl die Felsen auf der Nordseite nie direkter Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, zeigt die Bollenhitze der letzten Tage Wirkung: Die Oberflächentemperatur der Felsen draußen liegt zwischen 22 und 24°C. Das Innere ist mit 13°C zwar deutlich kälter, ein Ausfließen der Luft ist jedoch nicht zu beobachten. Die Wärmebildkamera kann natürlich die warme oder kalte Luft nicht direkt sehen, wohl aber die von festen Oberflächen ausgehende Infrarotstrahlung. Ich habe erwartet, dass bei einer dynamisch bewetterten Höhle die ausströmende Kaltluft vor allem den Boden vor dem Mundloch abkühlt und dieser kalte Boden auf dem Bildschirm der Kamera als „blaue Zunge“ vor dem Eingang sichtbar wird. Bei der Inschriftenhöhle ist das nicht der Fall, was mich nicht wirklich überrascht. Sie hat keinen 2. Eingang und ist nur statisch bewettert. Das geringe Luftvolumen der kleinen Höhle hat nicht genügend Potenzial, um den Waldboden vor dem Loch nennenswert abzukühlen.

Der Eingang der Inschriftenhöhle im infraroten Spektralbereich. Der kalte Eingang (blau) hebt sich deutlich von den warmen Felsen draußen (rot) ab.
Der Eingang der Inschriftenhöhle im infraroten Spektralbereich. Der kalte Eingang (blau) hebt sich deutlich von den warmen Felsen draußen (rot) ab.

Ein paar Löcher unterwegs durchmessend, erreichen wir nun das Fuchsloch. Die Höhle ist deutlich größer als der Kleinkram von vorhin. Aus dem Westgang, der keinen bekannten 2. Eingang hat, fließt schon ein bisschen mehr Luft heraus und „bläut“ den Boden thermografisch ein wenig.

Der Eingang zum Westgang des Fuchslochs, im thermischen Kontrast zu einem heißblütigen Höfo.
Der Eingang zum Westgang des Fuchslochs, im thermischen Kontrast zu einem heißblütigen Höfo.

Am Ostgang des Fuchslochs ist die Sache noch etwas deutlicher, da dieser Höhlenteil einen 2., höher gelegenen, Eingang aufweist. Hier erkennt man im Wärmebild eine blaue Zunge aus abgekühltem Waldboden vor dem Eingang.

Eingang Ostgang Fuchsloch im sichtbaren Licht.
Eingang Ostgang Fuchsloch im sichtbaren Licht.
Eingang in den Ostgang des Fuchslochs im infraroten Spektralanteil. Man erkennt die nach links abfließende Kaltluft.
Eingang in den Ostgang des Fuchslochs im infraroten Spektralanteil. Man erkennt die nach links abfließende Kaltluft.

Jetzt wollen wir noch an einer richtig großen und deutlich dynamisch bewetterten Höhle testen und marschieren zum Finsteren Loch. Dort angekommen, bläst der kalte Höhlenwind dem forschen Forscher schon aus mehreren Metern Entfernung entgegen.

Eingang des Finsteren Lochs im Infrarotbereich.
Eingang des Finsteren Lochs im Infrarotbereich.

Hier lässt sich deutlich beobachten, wie der Boden und die Felsen in dem Graben vor dem Eingang vom Höhlenwind abgekühlt werden. Die etwas höher liegenden Felsen weisen dagegen sommerliche Temperaturen auf.

Der Graben vor dem Eingang des Finsteren Lochs im sichtbaren Spektrum.
Der Graben vor dem Eingang des Finsteren Lochs im sichtbaren Spektrum.
Der Graben vor dem Eingang des Finsteren Lochs im Infrarotbereich. Der Boden und die unteren Teile werden vom Höhlenwind gekühlt.
Der Graben vor dem Eingang des Finsteren Lochs im Infrarotbereich. Der Boden und die unteren Teile werden vom Höhlenwind gekühlt.

Fazit dieser Exkursion: Die Theorie stimmt, man kann das Ausfließen der kalten Höhlenluft an meteotiefen Eingängen im Sommer nachweisen. Allerdings erfordert das eine größere Höhle mit mehr als einem Eingang und ausgeprägter Dynamik. Um zu erkennen, ob sich hinter einem kleinen Loch eine forschungswürdige Fortsetzung verbirgt, eignet sich diese Methode eher nicht oder nur in Ausnahmefällen. Meistens haben so kleine Höhlen keinen hinreichend großen Luftaustausch und schon gar nicht, wenn der Eingang halb mit Laub und Erde verstopft ist. Hier scheint mir der Einsatz der Sondierkamera, die man mehrere Meter weit in unbefahrbare Löcher schieben kann und die Bilder nach draußen überträgt, zielführender zu sein.