Gemütliche Enge

Am Sonntag (30.09.2012) waren Bernhard und ich spontan auf dem Rosenstein, wo wir einige kleine Höhlen aufsuchten, um deren Lage mittels GPS zu überprüfen. Dabei fanden wir einen netten und trotzdem sicheren Zugang von oben zur „Spaltenhöhle“. Ein Handseil hatten wir zwar mit, allerdings trauten wir uns ohne Schachtausrüstung doch nicht an den Abstieg in die vertikale Spalte. Tja, als 17jähriger Bub sah das noch anders aus… Damals bin ich mutterseelenallein in das Loch hinunter geklettert, wobei ich mit der Handkarbidlampe versehentlich meinen PVC-Gürtel in Brand gesetzt habe. Chlorwasserstoffdämpfe in einem engen Hohlraum sind echt etwas feines. Doch das ist eine andere Geschichte.

Heute nämlich ist Tag der Einheit 2012, ich bin 25 Jahre älter und wir kommen um neun Uhr auf dem Rosenstein zusammen: Bernhard, Irene und ich. Diesmal haben wir Schachtausrüstung dabei! Wir stapfen zur Großen Scheuer und von dort zum Ostfelsen. Nach dem Anschlazen hangeln wir uns an einem Seil etwa zehn Höhenmeter über die Felsen hinunter, wo es noch wenige Schritte zum Höhleneingang sind.

Skeptische Blicke. Der Einstieg in die Spaltenhöhle ist nämlich ziemlich klein. Wir bringen routiniert zwei Expressanker an und bauen das Seil ein.

Spaltenhöhle: Am Anfang ist die Enge…

Bernhard rutscht als erster in die Tiefe (Abseilen kann man das kaum nennen, man hat ständig an zwei Seiten Felskontakt). Nach ca. zwei Minuten ruft er: „Da haben wir zu dritt keinen Platz!“. Macht aber nichts, Irene ist die nächste, die geschmeidig im Loch verschwindet. Dumpfes Gemurmel aus dem Abgrund. Dann Bernhard: „Ich komm‘ wieder hoch!“. Gut, dann kann ich mir anschließend die Höhle anschauen.

Spaltenhöhle: Nach einem Meter Abseilen wird der Schacht etwas breiter.

Nachdem Bernhard die Höhle verlassen hat, sichere ich mich mit dem Petzl am Seil und lasse mich in die enge Felsspalte ab. Der am Sitzgurt hängende Schleifsack mit der Fototonne macht mal wieder einen Heidenradau beim Abseilen.

Unten ist ist so wenig Platz, dass ich schon fast aufpassen muss, um nicht auf Irenes Kopf zu landen. Sie steht auf einem Absatz mit Felstrümmern, ich seile mich neben ihr noch einen starken Meter tiefer ab bis zum Versturzboden des Schachts. Die Spalte ist insgesamt etwa sechs Meter tief und ungefähr drei Meter lang. Sie ist rein tektonisch durch Abgleiten der Felsmassen auf tiefer liegenden Mergelschichten entstanden. Auf Querklüften ist sie seitlich abgerissen, wodurch die Spalte an beiden Enden kurze rechtwinklig abzweigende Fortsetzungen hat. Obwohl die Spalte an der Oberfläche etliche Meter weit verfolgt werden kann, sind die Fortsetzungen unter Tage nicht für Menschen befahrbar.

Spaltenhöhle: Eng ist, wenn man trotzdem lacht.

Für Vierbeiner sieht das anders aus: Da Füchse nicht fliegen können, muss das Vieh, das hier in die Ecken gesch… hat, durch einen horizontalen Zugang herein gekommen sein.

Da die Höhle, wie gesagt, durch Massenbewegungen entstanden ist und nicht durch Verkarstung, ist sie extrem trocken. Bei jeder Wandberührung wirbelt der Staub auf bzw. bröckelt von der Wand ab.

Ich schieße ein paar Fotos, während Irene schon mal wieder nach oben kraxelt. Es dauert nicht lange und ich folge ihr nach.

Spaltenhöhle: Schwestern, zur Sonne!

Draußen wartet schon ein Empfangskomitee, denn zu meinen beiden Kameraden haben sich zwei Kletterer gesellt, die eine Route direkt über dem Schacht klettern wollen. Wir bauen unser Seil aus, so dass die beiden loslegen können. Irene und Bernhard hangeln sich am Seil wieder über den Felsen hoch, während ich einen anderen Rückweg suche (und finde).

Leider fängt es an zu regnen, so dass wir unsere heutigen Ambitionen beenden und zu Tale fahren. Nun müssen wir die Höhlen den Flattermännern überlassen, damit diese ungestört dem Winterschlaf frönen können. Das heute dürfte die letzte Höhlenbefahrung für die nächsten Monate gewesen sein. Es gibt aber auch noch Oberflächenbegehungen und ähnliches…