Kneippkur in der Brunnenhöhle

Gegen halb zehn trafen Irene und ich in Oberkochen auf dem Parkplatz bei dem Sendemast ein. Heute endlich, nach vielem Hin und Her aus erfolglosen Suchtouren, hohen Wasserständen in der Höhle und anderen Widrigkeiten, sollte die Brunnenhöhle dran glauben! Immerhin die zweitlängste Höhle des Ostalbkreises und früher sogar einmal die längste.

Zum Glück dauerte der Fußweg in der schon um diese Uhrzeit drückenden Hitze nur wenige Minuten. Auf dem Forstweg unter dem Eingang schlüpften wir in die warme, schützende Höhlenkleidung. Der Aufstieg zum Eingang brachte mich dann auch fast an den Rande des Hitzschlags.

Noch ganz sauber am Eingang der Brunnenhöhle

 

Am Eingang der Brunnenhöhle angekommen, stellten wir erfreut fest, dass das viele Holz aus dem Mundloch verschwunden war und es außerdem nicht mehr so bestialisch nach Fuchskacke stank. Nacheinander krabbelten wir in den dunklen Schoß von Mutter Erde.

Zuversicht auf den ersten Metern der Höhle…

 

Die ersten paar Meter ging es in der Hocke und auf allen Vieren über feuchten Humusboden durch einen S-förmig verlaufenden Gang bis zu einer Kammer, wo die Decke entlang von Klüften ausgebrochen war. Hier folgte nun der flache Schluf, an dem wir vor längerer Zeit wegen des Wassers umgekehrt waren. Heute war die Pfütze nur noch seicht und ein freundlicher Mensch hatte zudem ein Brett hinein gelegt.

Flach und nass

 

Dadurch kamen wir fast trockenen Bauches hindurch und rutschten noch ein paar Meter weiter durch zähen Höhlenlehm, bis wir in eine kleine Halle gelangten. Steil stieg der Boden an und in einer Ecke stand ein Eimer mit einer undefinierbaren, eklig stinkenden Masse darin. Überall dicker Höhlenlehm, der schmatzend versuchte, unsere Stiefel festzuhalten.

Während im vorderen Bereich der Höhle gerundete Gangprofile dominierten, änderte sich nun der Charakter. Im folgenden Abschnitt waren die Gänge bereits deutlich durch Inkasion überprägt. Stellenweise war der Gangquerschnitt durch scharfkantige Versturzblöcke fast verschlossen. Seitlich oder schlufend bahnten wir unseren Weg durch diese Hindernisse.

Typisches Gangprofil

 

Tropfsteine oder sonstiger Sinter waren nirgends zu erblicken. Das Tropfwasser hatte vereinzelt kleine Fossilien wie Seeigelstacheln und Belemniten aus dem Gestein präpariert. An vielen Stellen waren aber die Fließfacetten aus der aktiven Phase der Höhlenentstehung noch zu sehen.

Fließfacetten

 

An lebendem Inventar fielen hauptsächlich viele Mücken (Culicidae) ins Auge.

Dann kam das Grauen.

Hinter einem Klemmblock fiel der Gang einen Meter ab und ging in einen röhrenförmigen Schluf über, in dem das Wasser stand. Irene meinte, dass sie hier mit ihren Bergstiefeln nicht weiter käme. Ich kletterte hinunter und versuchte etwas von der Fortsetzung zu erkennen. An der niedrigsten Stelle war die Röhre mehr als halb voll mit Wasser, d.h. hier würde ein Vollbad fällig! Wir debattierten, was zu tun sei. Nach etlichem Herumgeeiere, stieg ich nochmals runter, flutete den ersten Stiefel und wurde ziemlich nass. Irgendwie konnte ich mich immer noch nicht dafür begeistern, für den Rest der Tour in tropfnassen Klamotten herumzulaufen. Eine weitere Runde des Eierns, Lamentierens und wechselseitigem Mutzusprechens folgte. Irgendwann kletterte Irene trotz ihrer sofort voll laufenden Stiefel hinunter und nach anfänglichem Zetern rutschte sie laut platschend und prustend durch den Möchtegern-Siphon. Sie meldete, dass es nach dem Wasser eng um eine Ecke ging und ein Ende der Krabbelei nicht abzusehen sei. Ich ließ mich auch in die eiskalte Lehmwasserbrühe gleiten, aber an der engsten Stelle ließ es sich nicht vermeiden, auch mit dem Oberkörper tief ins Wasser zu gehen. Ich war noch erhitzt und bekam durch das in den Schlaz eindringende kalte Wasser einen leichten Temperaturschock. Ohne lange nachzudenken, hechte ich so schnell wie möglich wieder aus dem Wasser heraus — aber da ich mit den Füßen voraus gegangen war, führte mich die Flucht wieder an den Anfangspunkt statt hinter die Badestelle. Irene fand es an ihrem Platz aber auch nicht so prickelnd und kam bald zurück.

Da wir beide triefnass waren, spurteten wir so schnell wie möglich aus der Höhle hinaus und freuten uns draußen über die Hitze. Nach dem Wechsel der bis auf die Haut durchgelehmten Kleidungsstücke traten wir trotz allem gut gelaunt den Nachhauseweg an.

Nicht (mehr) ganz sauber!

 

Seit dieser Tour sind etwa drei Wochen vergangen. Inzwischen laufen bereits wieder Planspiele, dem Wasser zum Trotz das noch fehlende Drittel der Brunnenhöhle bis zu ihrem erforschten Ende in Angriff zu nehmen…