Im Versturz

Mission „Kaltes Herz“

Was ist in dem im Mai entdeckten Bröller passiert? Zuerst wenig, denn die Enge des vom Eingang nach links ziehenden Schlufes versprach nicht viel bezüglich aufregender Entdeckungen. Erst für Ende Juli wurde eine weitere Aktion geplant, die aber aufgrund des mehrere Tage anhaltenden Dauerregens wortwörtlich ins Wasser fiel. Bei einer Ortsbesichtigung am 26.07. beobachtete Rudi einen respektablen Bach, der tosend aus dem Eingang des Bröllers heraus schoss. Am 29.07. war ich mit Okvin vor Ort, wo ich die Schüttung des Höhlenbaches auf immerhin noch rund 3 l/s schätzte. Am 06.08. war die Höhle trocken und wir haben zugeschlagen!

Der nach links ziehende Schluf konnte zwar mit dem guten Bosch GLM 50 C auf über 4m Länge eingemessen werden, musste aber wie erwartet als unbefahrbar und wegen des Felsbodens auch als nicht erweiterbar eingestuft werden. Dafür konnten wir an diesem Tag ein anderes Erfolgserlebnis für uns verbuchen. Beim Entfernen einiger bedenklich labiler Versturzblöcke im Eingangsbereich, konnte ein nach rechts weiterführender, stark verlehmter Krabbelgang geöffnet werden! Ein Bild von Rudis Hintern beim ersten Durchstieg durch den Verbruch ziert als Titelbild diesen Beitrag. Zwei ein paar Meter weiter im Gang liegende Versturzblöcke konnten ein wenig gedreht werden, so dass wir uns zwischen ihnen und der Decke hindurch quetschen konnten. Leider endete die Euphorie an einem wohlriechenden Häufchen Fuchskacke. Der Vierbeiner hatte außerdem seine Füße in den Lehm gedrückt und die Fährte deutete nur bergeinwärts und kam nicht mehr zurück. Sprich, das Miststück war noch in der Höhle und keiner von uns hatte Lust, als erster ins Gesicht gebissen zu werden. Also alles wieder raus! Wir entschieden uns dafür, erst einmal zu warten, ob das nächste Hochwasser das Tier vertreiben würde.

Die beiden Versturzblöcke.
Die beiden Versturzblöcke.

Am 12.08. besuchte ich nach zwei Tagen Regen wieder die Höhle. Es floss ein ganz kleines bisschen Wasser aus ihr heraus. Nicht direkt aus dem Mundloch, aber aus der Sedimentfüllung im Eingang. Im Innern der Höhle konnte ich das Gluckern des Wassers aus dem Boden herauf hören.

Am 25.08. waren Rudi und ich nach Feierabend und einer Menge Stress (ich musste bei Bernhard in GP zuvor Gerätschaften für die Befahrung abholen) im Loch, um Material zu deponieren und nach dem Rechten zu sehen. Erfreut stellten wir fest, dass der Kackgestank nicht mehr wahrzunehmen war und die Fährte im Lehm war auch weg. Euphorisch stießen wir über den letzten Umkehrpunkt hinaus vor und erreichten einen Gangabschnitt mit schwarz überzogenem Gestein und viel Verbruch. Dabei durchquerten wir einen Gangteil mit blitzblank ausgewaschenem Felsboden und mit Fließfacetten.

Noch am selben Abend, wurde per Rundmail an den Rest der Truppe der endgültige Vorstoß ins kalte Herz des Bröllers geplant.

Sonntag, der 27.08., neun Uhr: Rudi, Markus und ich fahren von Heubach aus ins Zielgebiet, wo wir uns mit Bernhard und Irene treffen. Ruckzuck ist das Material auf alle Höfos verteilt und ein kurzer Marsch führt uns zum Höhleneingang. Rudi sägt ein Rundholz zurecht und stützt damit einen wackeligen steinernen Kandidaten an der Decke ab. Dann teilen wir uns in zwei Gruppen ein: Irene (bekannt von der Grammatikregel für die Steigerung von „hart“: Hart, härter, Irene) und Rudi bilden das Vorstoßteam, das alle Hindernisse beseitigen und so weit wie möglich in den Berg eindringen soll. Markus und ich folgen ein paar Minuten später, um als Vermessungsteam die neu entdeckten Gänge zu kartografieren. Bernhard ist heute nicht richtig fit und bildet die Rückendeckung am Eingang.

Markus und ich suhlen uns langsam, Messzug um Messzug legend, ins Erdinnere voran. Eigentlich gehe ich stillschweigend davon aus, dass wir erst in 1500m Tagferne in einem majestätischen Tropfsteindom das Vorstoßteam einholen werden. Leider hören wir, wie sich vom Innern der Höhle her mit dumpfem Poltern der Vorstoßtrupp wieder nähert. Da hier nicht genügend Platz ist, um die Kameraden an uns vorbei zu lassen, deponieren wir die Messgeräte seitlich im Gang und krabbeln nach draußen. Kurz nach uns kommen Irene und Rudi komplett Lehm besudelt ans Licht gestolpert. Nachdem sie verschnauft haben, berichten sie uns, dass sie am Umkehrpunkt von vorgestern weiter vordringen konnten. Die einige Meter weiter folgende Engstelle, die ich für einen teilweisen Verschluss des Ganges durch einen Klemmblock gehalten habe, war für sie kein Problem. Dafür endete die Höhle ein kurzes Stück weiter in einem Versturz. Keine Chance, hier weiter zu kommen!

Irene, Markus und ich fahren wieder in die Höhle ein, um die Vermessung fortzuführen. Langsam arbeiten wir uns voran. Das Vermessungsbuch sieht schon nach kurzer Zeit aus wie ein Lehmklumpen. Zum Glück müssen wir nicht auch noch mit einem Maßband hantieren! Die Längen und Neigungen messen wir mit dem besagten Gerät von Bosch und die Richtung mit einem Silva-Peilkompass. Schließlich haben wir bis zum Endversturz alles im „Kasten“. Das ist auch gut, denn mittlerweile bricht draußen ein heftiges Gewitter mit starkem Regen los. Wir können die Donnerschläge bei uns in der Erde hören! Es ist zwar unwahrscheinlich, dass der Bröller rasch anspricht, wollen aber nichts riskieren. Wir schließen die letzten Messungen ab und ziehen uns ohne Hektik, aber zügig nach draußen zurück. Wir packen ein und Rudi baut den Eingangsversturz wieder auf, um die Höhle in den Ursprungszustand zurückzuversetzen. Derweil folgen Blitz und Donner im Sekundentakt, so dass wir uns in eine nahe gelegene Hütte zurückziehen, wo wir warten, bis das Unwetter etwas nachlässt. Patschnass, lehmverkrustet aber sehr zufrieden mit dem Forschungserfolg treten wir den Weg nach Hause an.

Ich habe es inzwischen sogar verwunden, dass die Höhle so jäh endet und wir keinen neuen regionalen Längenrekord aufstellen konnten. Eine Grabung am Endversturz schließen wir aus, da der Gang zu eng ist und man den gesamten Abraum Eimer für Eimer durch die ganze Höhle nach draußen schaffen müsste.