Verbandstagung

In den letzten Jahren hat es bei mir nicht geklappt, die Tagungen des Verbandes der deutschen Höhlen- und Karstforscher zu besuchen: Zu weit weg oder keine Zeit. In diesem Jahr läuft die Tagung in Nesselwang im Allgäu und Zeit habe ich auch. Zwar nicht für alle vier Tage aber immerhin kann ich am „Haupttag“ teilnehmen. Ich sammle am Morgen Höhlenfreund Andre Abele von der HAG in Schwäbisch Gmünd ein und nach staubedingt auf drei Stunden ausgedehnter Fahrt treffen wir mittags am Ort des Geschehens ein.

Nach dem Mittagessen bauen wir in der Halle die Projektionstechnik aus dem letzten Jahrtausend (manche sagen „Diaprojektor“ dazu) auf. Andre darf gleich den Vortragsblock eröffnen und lässt die Zuschauer an der ersten deutschen Höhlenexpedition nach Südasien teilhaben. Mit Rucksack und öffentlichen Verkehrsmitteln suchten drei Höfos vor beinahe 40 Jahren unter sehr spartanischen Bedingungen verschiedene Karstgebiete in Indien auf und legten dabei den Grundstein für die moderne speläologische Forschung auf dem Subkontinent. Die damals längste Höhle Indiens wurde dabei entdeckt.

Im Anschluss berichtet Jörg Dreybrodt über eine Expedition nach Kirgisistan. Ein Land mit großartiger Natur und freundlichen Menschen, dummerweise aber ohne wirklich bedeutende Höhlen. Die Höhlenforscher konnten im wesentlichen nur Grotten und Nischen ohne Fortsetzungen auffinden. Aber auch das ist ja eine Erkenntnis und somit war die Reise nicht umsonst.

Der nächste Bericht, vorgetragen von Michael Laumanns, widmet sich Kambodscha. Bei Touren in den Jahren 2017 und 2018 wurden mehrere Gebiete in dem südostasiatischen Land untersucht und die (vorübergehend) längste Höhle entdeckt. Inzwischen sind Karstregionen dort recht gut erforscht mit Ausnahme jener Zonen, deren Betreten lebensgefährlich ist, weil dort noch Sprengmittel aus dem Krieg zwischen den roten Khmern und der Regierung herumliegen.

Nach einer Kaffeepause macht Michael gleich weiter und stellt Lavahöhlen in Vietnam vor, die zu den längsten in Südostasien zählen. Neben den Deutschen haben einheimische und japanische Speläologen vorbildliche Arbeit bei der Erforschung und Dokumentation der Höhlen geleistet. In einigen der Lavahöhlen mussten Befahrungen abgebrochen werden, weil die Luft zu schlecht war.

Ein eigentlich vorgesehener Vortrag über Papua-Neuguinea entfällt, so dass Andre nochmals ran darf. Er knüpft an den ersten Teil seines Vortrags an und nimmt das Publikum mit auf einen kräftezehrenden Trek in Nepal und in eine exotische Konglomerathöhle jenes Landes.

Michael kommt zum Abschluss des Vortragsblocks noch einmal zum Zuge und führt die Zuschauer zur Abwechslung von Asien weg auf einen anderen Kontinent. Diesmal nach Südamerika, genau gesagt nach Brasilien. Etwas abseits von den großen Karstgebieten jenes Landes wurden mehrere Reisen in Höhlenregionen im Südwesten unternommen. Mehrere teilweise auf den Grundwasserspiegel hinunter führende Höhlen wurden erforscht.

Damit der geneigte Leser dieses Blogs nicht den Eindruck gewinnt, ich würde von der Tagung des Verbandes asiatischer Höhlen- und Karstforscher berichten, kann ich an dieser Stelle verkünden, dass die heimatliche Schwäbische Alb auch ein bisschen zu ihrem Recht kommt. Nach dem Abendessen kann ich nämlich ein Treffen mit Helmut arrangieren, der mit seiner heute nicht mehr existierenden Forschergruppe aus Uhingen vor langer Zeit verschiedene Höhlen auf Kartenblatt Heubach untersucht hat. Leider existieren zu den mich speziell interessierenden Löchern bei Degenfeld keine schriftlichen Aufzeichnungen. Helmut gibt mir aus dem Gedächtnis wieder, was er noch über die Objekte weiß. Vielleicht können wir damit die Höhlen endlich finden und genau dokumentieren.

Am Abend gibt es einen Festvortrag mit 3D-Bildern von Höhlen aus aller Welt, die der ungarische Kamerad Csaba Egri präsentiert. Obwohl ich es nicht hinbekomme, die 3D-Brille und meine normale Brille übereinander zu tragen und folglich die Fotos nicht in voller Schärfe genießen kann, sind die Aufnahmen beeindruckend. Man meint, in die gezeigten Gänge hinein gehen zu können oder die schwindelerregende Tiefe der Schächte zu fühlen. Wie auch in anderen dreidimensionalen Vorträgen über Höhlen, die ich schon gesehen habe, übertreibt es der Fotograf ab und zu mit der Intensität des 3D-Effekts. Räumlicher als räumlich kann man nun mal nicht sehen. Noch ist die Technik innerhalb der Höhlenfotografie neu und es ist anzunehmen, dass sich der „Spieltrieb“ legen und die Präsentation in Zukunft realistischere Formen annehmen wird.

Danach ist es schon spät und weil wir einen langen Nachhauseweg vor uns haben, lassen Andre und ich den letzten Vortrag sausen und fahren in die Nacht. Wir nehmen gute Gespräche, positive Erinnerungen und neue Literatur mit.