Um eine Zeit, zu der rechtschaffene Bürger im Feinripp-Unterhemd vor dem Fernseher ihr verdientes drittes Feierabendbier aus der Dose genießen, spielen sich in den tiefen Wäldern … unheimliche Szenen ab. Bläuliche Lichter tanzen zwischen den nachtschwarzen Bäumen. Raunende Schatten huschen durchs Unterholz. Die Tierwelt hält gespannt den Atem an. Zwei Hexen und ein Wurzelsepp bahnen sich den Weg zackig bergan.
Im Lichte der Stirnlampen wird nach kurzer Suche im Boden des Waldes der Eingang der …höhle lokalisiert. Irene rutscht am Handseil rasch in die düstere Tiefe und auch unsere „Newcomerin“ Ines flutscht geschmeidig durch den engen Einstieg abwärts. Auch ich komme unten an, ohne eine schlechte Figur abzugeben.
Von unserer „`Landestelle“‚ aus folgen wir dem Gang nach links, krabbeln durch den Versturz und betreten die „`Tennishalle“‚. Offiziell hat sie keinen Namen, doch diese Bezeichnung charakterisiert den Raum ganz gut. Für einen Tennisplatz würde die Halle spielend ausreichen. Waagrecht überspannt die Decke den mehrere Meter hohen Saal. An einer Ecke hängt ein langer Wurzelstrang herab. Man kann an der Decke wunderbar das Linienmuster der Klüfte erkennen, an denen sich durch die erhöhte Wasserwegsamkeit verstärkt Sinterformen gebildet haben. In einer Ecke haben sich schöne, weiße Sintervorhänge abgesetzt. Leider hat das einen besonders intelligenten Zeitgenossen nicht daran gehindert, den Abdruck seiner dreckigen Hand auf dem weißen Tropfstein zu hinterlassen.
Ein ausgiebiges Fotoshooting folgt. Die Halle gibt schließlich genügend Motive her!
Danach geht es zurück in den Gang und weiter auf die andere Seite in die „`Kathedrale“‚. Hoch wölbt sich die Halle über einem gigantischen Versturzkegel. Wir erkunden alle Ritzen und Winkel, doch leider sehen wir keine realistische und nicht lebensmüde Chance, an dieser Stelle weiter ins dunkle Herz des Berges vorzudringen. In dem Verbindungsgang zwischen den beiden Hallen gibt es noch einen kleinen Seitengang, der schöne Tropfsteine aufweist. Dieser Gang stellt den so ziemlich einzigen Abschnitt der Höhle dar, in dem man noch die Arbeit des fließenden Wassers erkennen kann. In den übrigen Räumen überwiegt die Wirkung der Inkasion.
Auch hier und in der hohen Halle werden einige Photonen auf dem lichtempfindlichen Silizium aufgefangen und in die Speicherkarte gezwängt. Doch allmählich macht sich die Müdigkeit bemerkbar und so hangeln wir uns nacheinander am Seil über den schmierigen Erdkegel zum Eingang hinauf. Guter Dinge wegen des gelungenen Naturerlebnisses wandern wir durch die noch erstaunlich warme Nacht im Lampenlicht zu Tal. Kurz vor Mitternacht sind alle Höhlengeister wieder zurück in ihren heimatlichen Schlafplätzen.