Die Engelsgrotte (Kat.-Nr. 7024/10) bei Gschwend, eine Sandsteinhöhle im Welzheimer Wald (Baden-Württemberg)

1 Lage und Zugang

Die Engelsgrotte liegt nördlich der Straße von Gschwend nach Sulzbach-Laufen, 0,5 km östlich des zur Gemeinde Gschwend gehörenden Weilers Rotenhar im Ostalbkreis. Das Gebiet wird von der Topographischen Karte im Maßstab 1:50.000, Blatt L 7124 Schwäbisch Gmünd, bzw. der Topographischen Karte im Maßstab 1:25.000, Blatt 7024 Gschwend, abgedeckt. Die Gauß-Krüger-Koordinaten lauten R 3558050, H 5422987. Die Höhe über Normalnull beträgt 485 m. Die Koordinaten wurden mit dem Lineal auf der TK abgemessen und sind daher mit gewissen Fehlern behaftet.

In Rotenhar hält man sich in östliche Richtung und benutzt die Straße nach Sulzbach. Wenige hundert Meter, nachdem die Straße in den Wald eingetreten ist, kann man rechts in einer Parkbucht das Fahrzeug abstellen. Man geht ein paar Meter zurück und steigt über die Leitplanke am nördlichen Fahrbahnrand. Drei Klingen ziehen in diesem Bereich den Abhang hinab. In der mittleren befindet sich die Engelsgrotte, und zwar etwa 20 Höhenmeter unterhalb der Straße.

2 Beschreibung der Höhle

Bei der Engelsgrotte handelt es sich um eine der typischen Halbhöhlen im Stubensandstein des Welzheimer Waldes. Dieser Höhlentyp wurde wiederholt in der Literatur beschrieben (Jantschke 1985, Kreuz 1983).

Plan von der Engelsgrotte

Die Engelsgrotte ist im Bereich der Traufkante ca. 20 m weit und bis zu 3,8 m hoch, wobei die Trauflinie einen ganz grob halbkreisförmigen Verlauf aufweist. Das Felsdach der Höhle kragt bis zu 5 m weit über. In den meisten Bereichen der Höhle ist die Raumhöhe so groß, dass ein Mensch aufrecht stehen kann.

Am südöstlichen Ende stürzt, zumindest bei feuchter Witterung, über die Traufkante ein Wasserfall herab, der ein Tosbecken in den lockeren, lehmig-sandigen Grund gegraben hat. Von hier aus nimmt nicht alles Wasser den kürzesten Weg am Grunde der Klinge, sondern ein Teil fließt 12 m weit als kleines Gerinne entlang der südlichen Höhlenwand nach Westen. Dort versickert es in dem lockeren Boden. Dieses Wasser tritt 5 m entfernt am Grund der Klinge wieder aus und vereinigt sich mit dem Wasser, das direkt vom Wasserfall die Klinge hinunter fließt. Am 29.09.2002 war der Wasserfall bis auf ein leichtes Getröpfel versiegt, am 02.11.2002 dagegen lag die Schüttung geschätzt bei einem knappen Liter pro Sekunde.

Der Wasserfall

An zwei Stellen im östlichen und südlichen Teil der Höhle, sind Erdreich und Versturzblöcke aus dem Steilhang oberhalb der Traufkante herabgerutscht und als große Schuttkegel vor dem Eingang liegen geblieben. Die Kegel reichen bis an die Höhlendecke heran. Der südliche Höhlenteil ist dadurch auf ca. 5 m Länge von der Außenwelt abgeschnitten und weist einen nahezu aphotischen Bereich auf. Hier fühlt sich auch der eingefleischte Höhlenforscher wie in einer „richtigen“ Höhle!

Höhlengang

Auffällig sind außerdem mehrere, teilweise kubikmetergroße Versturzblöcke, die sich entlang von Schichtfugen abgelöst haben.

3 Entdeckung und Erforschung

Die Engelsgrotte wurde von Roger Schuster am 29.09.2002 zufällig gefunden, als er sich auf der Suche nach der Höhle „Teufelskanzel“ (Kat.-Nr. 7024/04, siehe Jantschke 1985:34) befand. Nach Rücksprache mit dem Führer des Höhlenkatasters Südwestdeutschland, Thomas Rathgeber, und dem früheren Bearbeiter des Gebiets, Herbert Jantschke, stand fest, dass es sich um eine Neuentdeckung handelte. Am 02.11.2002 vermaßen Daniel Gebauer und Roger Schuster die Engelsgrotte und fertigten eine Serie von Fotos.

In Anspielung auf die weiter oben am gleichen Hang gelegene Teufelskanzel wurde als Name für das neue Objekt ein gegensätzlicher Begriff gesucht und schließlich in „Engelsgrotte“ gefunden. Unter diesem Namen und der Nummer 7024/10 wurde die Höhle in das Höhlenkataster Südwestdeutschland aufgenommen.

4 Geologie

Die Engelsgrotte liegt im Stubensandstein (Mittlerer Keuper). Eine genauere stratigraphische Einordnung ist aufgrund der Aufschlussverhältnisse nicht möglich. Das Gestein wirkt kompakt und weist eine grau-grünliche Farbe auf mit Einschaltungen zahlreicher millimeterdicker rot-brauner Schichten.

Außenansicht Engelsgrotte

Interessant ist die Genese der Höhle, die eine Mischform aus Klingensohlen- und Klingenrandhöhle darstellt (Nomenklatur nach Gebauer 1987). In der Südostecke der Höhle ist ein Wasserfall zeitweilig aktiv, der sich ein Stück weit in das Höhlendach eingekerbt hat. Dies sowie die kesselartige Anlage der Höhle, die sich über die ganze Breite der Klinge ausdehnt und das Bachbett kreuzt, lassen die Engelsgrotte zunächst wie eine typische Klingensohlenhöhle erscheinen. Treibende Kraft der Speläogenese ist in diesem Fall die Erosion und Korrosion im Einflussbereich des Spritzwassers des Wasserfalls.

Auf der anderen Seite fällt die Wirkung des durch die Höhle fließenden Bachs auf, die eine deutliche Breitenentwicklung des Hohlraums verursacht hat. Dies ist das charakteristische Merkmal einer Klingenrandhöhle, die durch die Erosion am Prallhang eines Baches geschaffen wurde.

Setzt man die Portalbreite der Höhle (16 bis 20 m, je nach Messweise) in Relation zur Kragung von 5 m, landet die Engelsgrotte auf jeden Fall unterhalb der Trennline zwischen Nische und Kehle (Gebauer 1987: 28). Dies ist ein deutliches Anzeichen dafür, dass die Erosionsleistung am Prallhang des Bachs jene des Wasserfalls deutlich übertrifft. Von den aktuellen Proportionen her überwiegt also eher die Klingenrandhöhlen-Charakteristik.

Betrachtet man aber die Raumanlage der Höhle im Kontext der Landschaftsmorphologie, ist sofort klar, dass der Wasserfall das auslösende Moment bei der Speläogenese war. Dieser hat erst die Geländestufe geschaffen, an deren Fuß der Bach den größten Teil der Höhle herausnagen konnte. Die Entwicklung der Engelsgrotte begann also als Klingensohlenhöhle, bis die laterale Erosion durch den Bach die Kontrolle übernahm und die Höhle zur Klingenrandhöhle umgestaltet wurde.

Literatur

Gebauer, D. (1987): Sandsteinhöhlen im Kartenblatt 7124 (Schwäbisch Gmünd-Nord).–Der Abseiler, 7, S. 25-35, 12 Abb.; Schwäbisch Gmünd.

Jantschke, H. (1985): Höhlen und Stollen im Sandstein des Welzheimer Waldes. — Beitr. zur Höhlen- u. Karstkunde in SW- Deutschland,. 28, S. 3-64, 28 Abb.; Stuttgart.

Kreuz, R. (1983): Natürliche und künstliche Höhlen und Hohlräume in der Keuperberglandschaft im Raum Schwäbisch Gmünd. — Einhorn-Jahrbuch, 1983, S. 210-223, 8 Abb.; Schwäbisch Gmünd.

Hinweis: Der vorliegende Artikel erschien auch gedruckt in:

Schuster, R. (2004): Die Engelsgrotte (Kat.-Nr. 7024/10) bei Gschwend (Ostalbkreis), eine Sandsteinhöhle im Welzheimer Wald. — Beitr. zur Höhlen- u. Karstkunde in SW- Deutschland,. 44, S. 16-18, 1 Abb., 1 Taf.; Stuttgart.