Höhlenforschung auf Mallorca in den Jahren 1993 bis 1996

Anmerkung

Dieser Artikel wurde nach der bislang letzten Forschungstour im Herbst 1996 niedergeschrieben.

Beschreibung der bisherigen Aktivitäten

Vor kurzem kehrte eine Gruppe süddeutscher Speläologen von einem Forschungsaufenthalt auf der beliebten Ferieninsel Mallorca zurück.

Seit 1993 fanden in Zusammenarbeit verschiedener Gruppen alljährlich im Herbst einwöchige Reisen nach Mallorca statt, deren Zweck speläologische und karstkundliche Arbeiten in den Höhlen der Insel waren.

In den vergangenen Jahren fokussierten die Forscher ihre Aufmerksamkeit auf die bekannte Schauhöhle Cueva de Artá im Gemeindebezirk Capdepera, die sich in der Steilküste im Südosten nur 35m über dem Meeresspiegel öffnet, die in Etappen neu vermessen und fotodokumentiert wurde. Die Länge dieses komplexen Systems beläuft sich nun auf 978 m, nachdem 1994 in der unteren Etage, dem „Inferno“, noch weitere Gänge entdeckt werden konnten.

Ein Teil des Teams befasste sich mit strukturgeologischen Aufnahmen, die Licht in die komplizierte tektonische Entwicklung der Region bringen konnte und anhand denen die Speläogenese rekonstruiert wurde. Während der alpidischen Orogenese kam es zu subaquatischen Translationsvorgängen, Faltenbildung und Überschiebungen, die die geologische Situation prägen. Die Cueva de Artá liegt nach augenblicklichen Erkenntnissen in einer isolierten, gefalteten Jura-Scholle. Das Scharnier der Antiklinalen lässt sich an der Decke der 80m langen Eingangshalle der Höhle ohne Schwierigkeiten erkennen. Wesentlicher Motor der Hohlraumbildung war die „Brackwasserkorrosion“, eine Sonderform der bekannten Mischungskorrosion, die ihre Ursache in der Vereinigung von Meerwasser (das im Normalfall stets mit gelöstem Kalk gesättigt ist) mit dem Karstgrundwasser hat. Durch die auch noch rezent andauernde Krustenhebung folgte die sukzessive Heraushebung des Karstkörpers mit der Höhle und eine Verlagerung der Hohlraumbildung von den oberen in die unteren Etagen der Cueva de Artá, die in einem schachtartigen Seitengang bis auf nur noch zwei Meter über dem Meeresspiegel befahren werden konnte, wo die Hohlraumerweiterung noch weiter fortschreitet.

Im Rahmen der Forschungen wurden auch mineralogisch-geochemische Analysen durchgeführt. So zeigen zahlreiche Sintergebilde durch den Kontakt mit Brandungsaerosolen chemische Alteration und sekundäre Mineralneubildungen. Im rasterelektronenmikroskopischen Bild fallen z.B. bizarr zerfressene Calcitkristalle auf, aus denen Gipskristalle und andere Evaporite erblühen. Intensiv rot und braun gefärbte Sinter wurden analytisch auf Eisen und andere Metalle untersucht, die aufgrund der Farbe darin erwartet wurden. Es wurden jedoch keine Elemente, die „farbige“ Ionen liefern, entdeckt, weshalb die Sinterfärbung auf Kristallgitterdefekte zurückgeführt wird.

Bei der aktuellen Forschungsreise 1996 widmeten sich die Teilnehmer neben einigen Schauhöhlen der Cova Tancada, die nicht vollständig vermessen werden konnte. Die Länge der Höhle jedoch liegt bei etwa 200 m und auch sie öffnet sich in einer Steilküste bei etwa 8 m ü. NN. Erschwert wurde die Erforschung durch die schweißtreibende Hitze in der Höhle und offensichtlich herabgesetzte Sauerstoffgehalte in den unteren Räumen. Die Untersuchungsergebnisse der geologischen Aufnahme unterstützen die Schlüsse, die aus den Arbeiten in der Artá gezogen worden waren. Tektonisches Leitelement ist hier die Abrisskante zwischen einer Antiklinalen und einer Verwerfung. Sehr schön kann die Entstehung durch Brackwasserkorrosion erkannt werden, da sich neben den geräumigen Höhlenteilen mit Korrosionsformen kleine Seitengänge mit Erosionsprofilen finden, die offenbar frisches Karstgrundwasser zugeführt haben. Die Cova Tancada liegt in einer triassischen Brekzie, bestehend aus Kalksteinklasten von etwa zwei Zentimetern Durchmesser (vereinzelt auch faustgroß) in einem carbonatischen Bindemittel.

Weitere Unternehmungen im reizvollen, jedoch aufgrund der Besitzverhältnisse teilweise schwer zugänglichen Karst Mallorcas sollen folgen.